Brandschutzvorschriften in Österreich – das solltest du wissen!
Last Updated on: 18th Januar 2021, 03:42 pm
In Österreich ereignen sich jährlich rund 25.000 Brände, zwischen 20 und 60 Personen kommen dabei ums Leben und etwa 300 Personen tragen schwere Verletzungen davon. Immerhin 60 Prozent dieser Brände ereignen sich im Privatbereich. Umso wichtiger ist es daher, sich mit dem Thema Brandschutz im Eigenheim auseinanderzusetzen. Welche Brandschutzvorschriften in Österreich in Bezug auf baulichen Brandschutz, Rauchmelder und Feuerlöscher gelten, erfährst du in diesem Beitrag.
Was versteht man unter Brandschutz?
Brandschutz ist ein Sammelbegriff für sämtliche baulichen und anlagentechnischen Maßnahmen, die eine Gefährdung von Personen und die Zerstörung von Gegenständen in Bauwerken durch Brand verhindern sollen. Ziel des Brandschutzes ist es auch, die Brandausbreitung in Gebäuden wirksam zu verhindern.
Brandschutzvorschriften Österreich
Die Brandschutzvorschriften in Österreich sind nicht in einer einheitlichen, für alle Bundesländer geltenden, Verordnung geregelt. Es bestehen derzeit mehr als 100 gesetzliche Regelungen und über 150 Ö-NORMEN sowie 9 länderspezifische Bau- und Feuerpolizeigesetze, die den Brandschutz sicherstellen sollen.
Um die unterschiedlichen Regelungen in den Landesbaugesetzen zu harmonisieren, wurde durch das OIB (Österreichisches Institut für Bautechnik) die OIB-Brandschutzrichtlinie geschaffen, die mittlerweile von allen Bundesländern in ihre Bauordnung aufgenommen wurde.
Seit dem Gletscherbahn-Unglück in Kaprun im Jahr 2000 – mit insgesamt 155 Todesopfern – wurden die Brandschutzvorschriften in sämtlichem Bundesländern verschärft. Folge dieser Verschärfungen ist der sogenannte Kaprun-Effekt (= durchschnittlich 21 Brandtote pro Jahr weniger, als vor 2000)
Grundsätzlich lassen sich die Brandschutzvorschriften in Österreich in rechtliche Vorgaben und technische Anforderungen gliedern. Hier die Details:
1. Rechtliche Vorgaben
In Hinblick auf den Brandschutz sind in erster Linie die länderspezifischen Baugesetze sowie die OIB Brandschutzrichtlinie relevant. Je nach Gebäude können auch Bundesgesetze und EU Regelungen relevant sein.
- Landesgesetze und Verordnungen: Bauordnungen, Bautechnikgesetze, Feuerpolizeiordnungen, Feuerwehrgesetze.
- OIB-Brandschutzrichtlinie: Der Brandschutz wird in Abschnitt 2 geregelt. Die letztgültige Version ist die Auflage 2019.
- Bundesgesetze und Verordnungen: Gewerbeordnung, Acetylenverordnung, Verordnung über brennbare Flüssigkeiten, Flüssiggasverordnung, Gasregulativ, ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Arbeitsstättenverordnung, etc.
- EU-Recht: Fallweise sind auch Richtlinien der Europäischen Union von Relevanz.
2. Technische Anforderungen
- Normen: Österreichische Normen (ÖNORMEN) und EU-Normen (EN)
- Technische Richtlinien für den vorbeugenden Brandschutz (TRVB)
- Richtlinien des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes (ÖBFV-Richtlinien)
- Österreichische Bestimmungen für die Elektrotechnik (ÖVE)
Baulicher Brandsschutz
Die Brandschutzerfordernisse eines Gebäudes ergeben sich aus der für das Gebäude zutreffenden Gebäudeklasse (GK 1 – GK 5). Ein- und Zweifamilienhäuser sind in die Klasse 1 einzureihen, Reihenhäuser in die Klasse 2.
Die Gebäudeklasse bestimmt die Wahl der Baustoff-Brennbarkeitsklasse (Euro-Klassen A bis F) sowie die erforderliche Tragfähigkeit der tragenden Bauteile/Konstruktionen und deren Feuerwiderstandsklassen (z.B. R 60, REI 90, etc.) sowie das Erfordernis von Brandabschnitten.
1. Brennbarkeitsklassen von Bauteilen und Baustoffen
Wie Brandschutz im Hinblick auf die verwendeten Baustoffe und Bauteile bei z. B. einem Neubau eines Einfamilienhauses anzuwenden ist, regeln die Europäische Norm ÖNORM EN 13501 „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten“ sowie die TRVB (Technischen Richtlinien für den Vorbeugenden Brandschutz).
Grundsätzlich werden Baustoffe in brennbar und nicht brennbar eingeteilt. Für die Einstufung der brennbaren Baustoffe nach ihrem Brandverhalten verwenden die Baugesetze und -verordnungen nachfolgende Begriffe (hier mit EU-Klassen-Pendant angeführt):
- EU-Klassen A und B: nichtbrennbar/nichtentflammbar
- EU-Klassen B und C: schwerbrennbar/schwerentflammbar
- EU-Klassen D und E: normalbrennbar/normalentflammbar
- EU-Klasse F: leichtbrennbar / leichtentflammbar
Zusätzlich gibt es noch zwei weitere Klassifizierungen:
- Klassifizierung nach der Rauchentwicklung (Qualmbildung): EU-3-stufig: s1 – s3, wobei s1 brandschutztechnisch günstiger ist.
- Klassifizierung nach der Tropfenbildung (brennendes Abtropfen): EU-3-stufig d0 – d2, wobei d0 als brandschutztechnisch günstiger anzusehen ist.
Bei einem Neubau ist aus Sicht des Brandschutzes natürlich eine nicht brennbare Bauart empfehlenswert. Die Mindestanforderungen an das Brandverhalten von z. B. Fassaden, Bekleidungen und Belägen werden in Abhängigkeit von der Gebäudeklasse (GK) definiert. Während z. B. für Fassaden in der Gebäudeklasse 1 (Einfamilienhaus) die Brennbarkeitsklasse E ausreicht, ist ab der Gebäudeklasse 2 (Reihenhaus) mindestens die Klasse D erforderlich.
2. Feuerwiderstandsklassen von Bauteilen
Nach der ÖNORM EN 13501 sind die Feuerwiderstandsklassen von Bauteilen nach drei Kriterien klassifiziert
- R (Résistance) = Erhaltung der Tragfähigkeit nach statischen Erfordernissen
- E (Étanchéité) = Raumabschluss (Flammen- und Rauchdichtheit)
- I (Isolation) = Wärmedämmung unter Brandeinwirkung
Je nach Brandschutzanforderungen an den Bauteil oder die Baukonstruktion sind davon nur ein, zwei oder alle drei Kriterien zu erfüllen. Die Kriterien R – E – I sind bei zusätzlichen Anforderungen noch mit Buchstaben zu ergänzen:
- C (Closing): Selbstschließend
- M (Mechanical): Mechanische Einwirkung auf Wände (z.B. Stoß)
- P (Power): Aufrechterhaltung der Energieversorgung.
Einige Beispiele:
- Brandwand zur Brandabschnittsbildung, als „tragende Wand“, daher mit statischen Anforderungen (nach ÖNORM B 3800: F 90 = brandbeständig): REI 90
- Brandschutztür mit hochbrandhemmendem Raumabschluss (nach ÖNORM B 3850: T 60): EI2 60-C
- Rauchschutztür mit rauchdichtem Raumabschluss, aber ohne Wärmedämmung (nach ÖNORM B 3855: R 30): E 30-C
Parallel dazu sind auch noch die Feuerwiderstandsklassen nach DIN 4102 relevant, die festlegen, wie lange das Gebäude oder der Gebäudeteil dem Feuer Widerstand leisten soll, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten. Die Anforderungen an den Brandwiderstand bzw. EU-konform Feuerwiderstand sind zeitlich gestaffelt und folgenden Feuerwiderstandsklassen zugeordnet:
- F30 (EI 30): brandhemmend / feuerhemmend – mindestens 30 Minuten
- F60 (EI60: hochbrandhemmend / hochfeuerhemmend – mindestens 60 Minuten
- F90 (EI90): brandbeständig / feuerbeständig – mindestens 90 Minuten
- F120 (EI120): hochbrandbeständig / hochfeuerbeständig – mindestens 180 Minuten
3. Brandabschnittbildung
Brandabschnitte sind durch Brandwände und brandbeständige Decken abgeschlossene Teile innerhalb eines Bauwerkes. Brandwände sind mit selbstschließenden und zumindest brandhemmenden Brandschutztüren oder Brandschutztoren auszurüsten. Durchtrittsstellen von Kabel-, Rohr-, Lüftungsleitungen etc. müssen mit Brandschutz-Schottungen abgeschlossen werden.
Als eigene Brandabschnitte sollten ausgeführt sein:
- Heizräume
- Brennstofflager, auch einzelne Brennstofflager in Kellergeschossen
- Batterieräume für stationäre Batterieanlagen
- Garagen
- Aufzugschächte
- Müll- und Abfallsammelräume und deren Abwurfschächte
- Räume mit einer hohen Brandgefährdung
Brandabschnitte sollen also die Rauch- und Brandausbreitung auf die angrenzenden Räume verhindern oder zumindest verzögern. Mit Hilfe von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (ÖNORM H 6029) kann zusätzlich eine Verdünnung des Qualms im Brandraum bewirkt werden.
Anlagentechnischer Brandschutz
Der anlagentechnische Brandschutz zielt darauf ab, mit Hilfe technischer Anlagen die Entstehung eines Brandes zu verhindern, den Brand zu melden oder ihn zu bekämpfen, beziehungsweise seine Ausbreitung einzudämmen. Technische Anlagen, die für den Privatbereich geeignet sind, sind vor allem Feuerlöscher und Rauchmelder.
1. Rauchmelderpflicht in Österreich
Laut Statistik gibt es in Gebäuden mit Rauchwarnmeldern deutlich weniger Todesfälle durch Rauchgasvergiftung. In Österreich besteht daher laut OIB-Richtlinie die Verpflichtung, in neu errichteten privaten Wohnungen und Häusern bzw. bei Umbauten Heimrauchmelder zu installieren. Eine Nachrüstpflicht für bestehende Wohnobjekte besteht derzeit nur in Kärnten. Die Montage muss der Eigentümer durchführen, für die Wartung ist bei Mietobjekten der Mieter verantwortlich.
Ort und Anzahl der Rauchmelder wird in der OIB Richtlinie geregelt: Jeweils mindestens ein Rauchmelder muss in allen Aufenthaltsräumen (Schlafzimmer, Kinderzimmer, Wohnzimmer) sowie in Gängen, über die Fluchtwege von Aufenthaltsräumen führen, installiert werden. In der Küche ist allerdings kein Rauchmelder vorgesehen, da es durch Küchendämpfe häufig zu Fehlalarmen kommen kann. Jeder Rauchwarnmelder muss eine VdS-Zulassung aufweisen und der ÖNORM EN 14604:2005 entsprechen. Das CE-Zeichen alleine ist zu wenig. Mehr zum Thema Rauchmelder erfährst du in unserem Blogbeitrag Brand- und Rauchmelder – wie sicher ist dein Haushalt?.
2. Feuerlöscherpflicht in Österreich
In den Bundesgesetzen sowie Baugesetzen der einzelnen Bundesländer sind keine wesentlichen Vorschreibungen über Feuerlöschanlagen und tragbare Feuerlöscher vorhanden. Lediglich in den OIB-Richtlinien wird allgemein eine „erste und erweiterte Löschhilfe“ definiert, wobei die Anzahl und Art der erforderlichen tragbaren Feuerlöscher von der Gebäudeart (Einfamilienhaus, Reihenhaus, Hochhaus etc.) und der Nutzung (Veranstaltungsstätten, Krankenhäuser, Kindergärten etc.) abhängig ist. Darüber hinaus finden sich auch in der TRVB 124 F Regelungen zur Anzahl der notwendigen Feuerlöscher in Abhängigkeit von den drei Brandgefährdungskategorien (gering, mittel, hoch).
In Österreich besteht somit keine generelle Feuerlöscherpflicht für Wohnungen und Ein- bzw. Zweifamilienhäuser, lediglich bei der Lagerung von Brennstoffen wie Heizöl sowie teilweise für Garagen ist ein Feuerlöscher vorgeschrieben.
Dennoch ist es natürlich sinnvoll, sich einen tragbaren Feuerlöscher anzuschaffen. Dieser muss in Österreich der ÖNORM EN 3 entsprechen und in regelmäßigen Abständen geprüft werden. Das Prüfungsintervall ist in Österreich gesetzlich mit zwei Jahren festgelegt.
Hier findest du die besten Anbieter für Feuerlöschanlagen und Feuerlöscher.
Welche Brandklassen gibt es?
Bei der Wahl des Feuerlöschers ist auf die Brandklasse zu achten, für die der jeweilige Feuerlöschertyp geeignet ist. Vor allem Fettbrandlöscher oder Wassernebellöscher sind beispielsweise für den Heimgebrauch zu empfehlen, da sie beide für feste Brennstoffe und die gefährlichen Fettbrände in der Küche (Brandklasse A und F) geeignet sind.
- Brandklasse A – Feste Stoffe (Holz, Papier, Stroh, Autoreifen, Textilien, Kohle)
- Brandklasse B – Flüssige und flüssig werdenden Stoffe (Kunststoffe, Benzin, Fette, Öle, Harze, Wachse)
- Brandklasse C – Gase und gasförmige Stoffe (Methan, Wasserstoff, Propan, Acetylen)
- Brandklasse D – Metalle (Aluminium, Natrium & Legierungen)
- Brandklasse F – Fette, Speiseöl (z.B. Friteusenbrände)
Welcher Feuerlöscher ist für welche Brandklasse geeignet?
- Pulverfeuerlöscher: ABC Pulverlöscher, BC Pulverlöscher, D Pulverlöscher
- Schaumfeuerlöscher: A und B
- CO2-Feuerlöscher: B
- CO2 Fettbrand-Feuerlöscher: A, B und F
- Wassernebellöscher: A,B und F
Achtung: Auf keinen Fall in der Küche einen Pulver- oder Schaumlöscher verwenden bzw. mit Wasser löschen, da es zu gefährlichen Stichflammen und Fettexplosionen kommen kann!
Fazit: Brandschutzvorschriften Österreich
Für Wohnungen und Einfamilienhäuser werden nur geringe Anforderungen hinsichtlich des Brandschutzes gestellt. Häuser müssen jedoch so errichtet werden, dass bei einem Brand Menschenrettung und Brandbekämpfung möglich sind. Eine Feuerlöscherpflicht kann bei Einfamilienhäusern im Hinblick auf einen Heizraum oder eine Garage zum Tragen kommen, während in Österreich die Rauchmelderpflicht für alle Neubauten, also auch Wohnungen, in Österreich gilt. Da die Brandschutzvorschriften Österreich für einen Laien schwer durchschaubar sind und sich auch immer wieder ändern, müssen bei einem Hausbau Brandschutz Spezialisten hinzugezogen werden.