Alkoholsucht: Anzeichen & Hilfe für Alkoholiker

Last Updated on: 31st Mai 2022, 05:39 pm

Alkoholiker
Konsum und Abhängigkeit: Alkohol verursacht in Österreich das größte Suchtproblem. Foto: Adobe Stock, (c) Srdjan Randjelovic

Alkohol ist eine der ältesten Volksdrogen der Menschheit. Während bei gesellschaftlichen Anlässen fast immer getrunken wird und Trinken ein sozial anerkanntes Verhalten darstellt, bleibt die Alkoholsucht anfangs oft ein Problem des Einzelnen. Hier kannst du nachlesen, was Alkohol in unserem Körper macht, welche Symptome auf eine Sucht hindeuten und wo du psychotherapeutische Hilfe findest.

Was bedeutet Alkoholsucht?

Bei der Alkoholsucht handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die schwere Organschäden und bei Abstinenz psychische und physische Entzugssymptome verursacht. Eine Alkoholsucht liegt meist dann vor, wenn die eigenen Gedanken ständig um das nächste Glas kreisen und die Trinkgewohnheit den Alltag dominiert. Der chronische Alkoholmissbrauch kann die Lebenserwartung um viele Jahre reduzieren.

Info: Bereits 24 Gramm Alkohol (etwa zwei Bier) täglich verursachen auf Dauer schwere gesundheitliche Schäden.

Regelmäßiges Trinken kann zur Sucht führen. In vielen Fällen liegen Folgeerkrankungen vor, bevor eine entsprechende Therapie eingeleitet wird. In Österreich weisen nachweislich rund 10 % der Bevölkerung im Laufe des Lebens eine Alkoholabhängigkeit auf.

Ab wann ist man Alkoholiker?

Die Grenzen zwischen unbedenklichem und problematischen Alkoholkonsum sind fließend. Sobald das Trinken regelmäßig eine bestimmte Funktion übernimmt, liegt eine missbräuchliche Verwendung vor. Ein Feierabendbier muss noch nicht auf eine Sucht hindeuten. Wer seinen Alkoholkonsum jedoch nicht oder nur schlecht kontrollieren kann, weist Anzeichen einer Abhängigkeit auf. Ein wichtiges Merkmal ist der zwanghafte Wunsch nach Alkohol (Craving). Andere Ziele und Interessen werden allmählich der Befriedigung der Sucht untergeordnet.
Folgende Merkmale deuten auf eine Alkoholsucht hin:
  • es wird täglich Alkohol konsumiert
  • der Alkoholverzicht löst Entzugserscheinungen aus
  • die Befriedigung der Sucht nimmt einen wichtigen Platz im Alltag ein

Die Phasen des Alkoholismus nach Jellinek

Voralkoholische Phase: Alkohol trinken dient der gelegentlichen Entspannung oder Ablenkung. Um Probleme oder Frustrationen zu vergessen, bietet sich Alkohol immer öfters als schnelle Lösung an.
Anfangsphase: Der Alkoholkonsum verstärkt sich. Gedächtnisstörungen und “Filmrisse” werden dabei häufiger. Du neigst außerdem dazu, dein Trinken zu verheimlichen.
Kritische Phase: In dieser Phase hast du bereits die Kontrolle über dein Trinkverhalten verloren. Alkohol nimmt einen zentralen Platz in der Bewältigung des Alltags ein, andere Interessen und Hobbies werden stark vernachlässigt. Wenn du auf Alkohol verzichtest, treten bei dir körperliche Entzugserscheinungen wie Zittern und Schweißausbrüche auf. Häufig kommt es zu Konflikten im sozialen Umfeld und auch am Arbeitsplatz.
Chronische Phase: Alkohol bestimmt deine Lebensführung und verursacht viele gravierende Probleme. Die Bewältigung des Alltags ohne Alkohol ist nicht mehr möglich. Nicht selten kommt es zum Arbeitsplatzverlust. Im Laufe der Zeit kommt es zu einem sogenannten Toleranzverlust: Alkohol verträgst du auf einmal kaum oder gar nicht mehr, weshalb du auch bei kleinen Mengen
betrunken wirst. Erhebliche körperliche und psychische Schäden sind die Folge.

Die Typologie der Alkoholiker nach Jellinek

Alpha-Trinker (Problemtrinker): Es liegt eine psychische Abhängigkeit vor. Er trinkt, um sich von negativen Erfahrungen abzulenken. Sein Trinkverhalten ist undiszipliniert, Kontrollverlust jedoch selten.
Beta-Trinker (Gelegenheitstrinker): Gelegenheitstrinker trinken, wo sich die Gelegenheit auf sozialer Ebene anbietet (z.B. Feier). Sie sind weder physisch noch psychisch abhängig, jedoch suchtgefährdet.
Gamma-Trinker (Suchttrinker): Die Abhängigkeit ist eher psychisch als physisch. Es kommt gelegentlich zu Kontrollverlusten. Unauffällige Phasen wechseln mit intensiven Trinkexzessen ab.
Delta-Trinker (Spiegeltrinker): Bei Spiegeltrinkern ist die körperliche Abhängigkeit stärker als die psychische. Dieser Trinkertyp benötigt für das Wohlbefinden täglich eine Mindestmenge an Alkohol. Bei Verzicht kommt es zu Entzugserscheinungen.
Epsilon-Trinker (Quartalssäufer): Quartalsäufer sind psychisch abhängig. Nach Monaten der Abstinenz folgen Phasen exzessiven
Alkoholkonsums mit Kontrollverlusten.

Alkoholsucht: Was passiert im Körper?

Bereits im Mund nehmen wir Alkohol über die Schleimhäute auf, wobei der größte Teil über die Magenschleimhaut in unser Blut gelangt. Circa eine Stunde nachdem du ein Glas Wein getrunken hast, ist die Alkoholkonzentration im Blut am höchsten. In der Leber wird der Alkohol (0,1 Promille/Stunde) anschließend abgebaut: Enzyme zerlegen das Ethanol in seine Bestandteile.

Bei diesem Prozess, der auch für unseren Kater verantwortlich ist, produziert die Leber Fettsäuren, die sich in der Leber ansammeln. Auf diese Weise verfettet allmählich unsere Leber – chronische Schäden wie Leberzirrhose sind die Folge. Bei der Umwandlung des Alkohols entsteht außerdem ein toxisches und krebserregendes Zwischenprodukt: Acetaldehyd.

Auch das Gehirn leidet unter langfristigem Alkoholkonsum. Denn Alkohol zerstört Hirnzellen, wodurch die Hirnmasse abnimmt. Alkoholsüchtige haben außerdem oft Probleme mit dem Gedächtnis und psychische Störungen wie beispielsweise Depression. Jahrelanger Alkoholmissbrauch führt zu schweren irreversiblen körperlichen sowie psychischen Schäden.

Alkoholsucht: Bierflaschen im Close-Up
Circa 10 Prozent der Österreicher erkranken im Laufe ihres Lebens an Alkoholsucht. Foto: Unsplash, (c) Doan Ngoc Thanh

Wie Alkoholsucht bekämpfen?

Die Alkoholabhängigkeit kann nicht von heute auf morgen besiegt werden. Zunächst müssen sich Betroffene ihrer Abhängigkeit bewusst werden und der Bewältigung ihres Problems entsprechend Wichtigkeit in ihrem Leben einräumen. Eine völlige Abstinenz muss nicht immer das Ziel sein, außer es handelt sich um eine stark ausgeprägte Alkoholsucht. In solchen Fällen hilft nur mehr der lebenslange Verzicht, da bereits kleine Mengen einen Rückfall in alte Muster bedeuten können.

Die Therapie bei Alkoholsucht gliedert sich in vier Phasen:

  • Kontakt- und Motivationsphase
  • Entgiftungsphase
  • Entwöhnungsphase
  • Nachsorgephase

Ist der Alkoholkonsum noch nicht chronisch ausgeprägt, kann auch eine Reduktionstherapie zielführend sein. Für gewöhnlich wird Betroffenen eine medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung empfohlen. In schweren Fällen ist eine stationäre Behandlung nicht unüblich. Auf jeden Fall macht es Sinn, sich an einen Arzt oder eine Beratungsstelle zu wenden und weitere Informationen einzuholen. Die Alkoholsucht kann nicht im Alleingang besiegt werden.

Alkoholiker: Schilder auf einem Zaun
Du bist nicht alleine mit deinem Problem. Es gibt viele Anlaufstellen für Hilfesuchende. Foto: Unsplash, (c) Dan Meyers

Alkoholsucht: Wie lange dauert der Entzug?

Der körperliche Entzug dauert meist nur ein paar Tage und ist in der Regel nach circa vier bis fünf Tagen abgeschlossen. Fünf bis zehn Stunden nachdem der Alkoholspiegel im Blut gesunken ist, beginnen die ersten körperlichen Entzugserscheinungen. Diese erreichen etwa nach 48 bis 72 Stunden ihren “Gipfel”.

Als längerfristiges Ziel muss die psychische Entwöhnung betrachtet werden. Die Entwöhnung dauert mehrere Wochen, jedoch sind Rückfälle auch Jahre später nicht ausgeschlossen.

Der Verzicht auf Alkohol geht bei Abhängigen mit Entzugserscheinungen einher. Symptome wie Zittern, innere Unruhe, Schwitzen, Schlaflosigkeit und morgendliche Übelkeit gehören zu den körperlichen Entzugssymptomen. Angstzustände bis hin zu Panikattacken und depressiven Verstimmungen gehören zu den psychischen Begleiterscheinungen des Entzugs. Bei neuerlichem Konsum lassen diese Symptome nach. Nach der Entgiftung muss die Phase der Entwöhnung eingeleitet werden. Betroffene lernen in dieser Phase, ihr Leben ohne Trinken zu bewältigen.

Häufige Entzugserscheinungen sind:

  • Tremor (Zittern der Hände)
  • Schwitzen
  • innere Unruhe
  • Durchfall
  • Craving (Gedankenkreisen)
  • Schlafstörungen

Wie können Angehörige bei Alkoholsucht helfen?

Die Alkoholabhängigkeit ist für Angehörige eine Herausforderung. Geht es um eine dauerhafte Abstinenz, ist die Unterstützung durch Familie und Freunde allerdings unumgänglich. Viele Studien haben belegen können, dass ein gut funktionierendes soziales Umfeld (Familie und Freunde) im Kampf gegen Alkoholismus und andere Suchtprobleme ausschlaggebend sein kann.

Als Familienmitglied oder nahestehende Person fragt man sich, wie man mit der Alkoholsucht eines geliebten Menschen umgehen soll. Zwar gibt es hier keine Patentlösung, jedoch haben sich folgende Verhaltensweisen bewährt:

  • Bereitschaft zur Unterstützung zeigen
  • Betroffenen motivieren
  • professionelle Hilfe hinzuziehen (zB. Beratungsstellen)
  • eigene Bedürfnisse nicht vergessen
  • keine leeren Drohungen (lieber angemessen, dafür konsequent reagieren)
  • vom “Du-Rhythmus” Abstand halten (“du solltest”, “du musst” etc.)
  • keine Selbstvorwürfe

Alkoholabhängigkeit in Österreich

In Österreich leben etwa 365.000 Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit – das sind circa 5 % der Bevölkerung ab 15 Jahren. Betroffen sind rund 2,5 % der Frauen und 7,5 % der Männer. Fast jeder Vierte trinkt hierzulande in bedenklichem Maß. 53 % des konsumierten Alkohols entfallen auf Bier und circa 37 % auf Wein.

Österreich bewegt sich hinsichtlich des Bierkonsums im weltweiten Spitzenfeld. Geht es um den reinen Alkoholkonsum, liegt Österreich im europäischen Mittelfeld. Der Anteil der in Therapie befindlichen Frauen liegt hierzulande bei rund 30 % – Tendenz steigend.

Alkoholsucht: Anonyme Alkoholiker
Die Anonymen Alkoholiker gibt es als Selbsthilfegruppe weltweit. Foto: Adobe Stock, (c) fizkes

Wer kann bei Alkoholsucht helfen?

Es gibt verschiedene Anlaufstellen für Menschen, die ein Alkoholproblem haben. Angefangen vom Hausarzt bis hin zu spezialisierten Ambulanzen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen oder einfach nur Informationen einzuholen.

Psychotherapeuten, Fachärzte für psychotherapeutische Medizin und andere Fachleute unterliegen hierbei der Schweigepflicht. Der Arbeitgeber wird daher nicht informiert. Die Kosten für eine Behandlung bei Alkoholabhängigkeit übernimmt der Sozialversicherungsträger.

Alkoholiker Hilfe Wien

Auf HEROLD.at sind folgende Psychotherapeuten in Wien auf Diagnose und Behandlung verschiedener Suchterkrankungen spezialisiert:

Umfassende Hilfe und anonyme Beratung bietet auch die Suchthilfe Wien.

Was ist Alkohol?

Die Substanz Alkohol (chem. Ethanol) ist eine farblose, brennend schmeckende Flüssigkeit und wird durch Fermentation aus vergorenen Früchten oder verschiedenen Getreidesorten gewonnen. Es handelt sich um ein giftiges Kohlenwasserstoff, das aufgrund seiner psychoaktiven Wirkung als Genussmittel und zur Berauschung getrunken wird.

Durch natürliche Gärung von Früchten (z.B. Wein) kann ein Alkoholgehalt von bis zu 18 % erreicht werden. Mithilfe des Verfahrens der Destillation (z.B. Schnaps) ist ein höherer Alkoholgehalt bis 80 Volumenprozent möglich.

Alkoholsucht: eine Brauanlage in Budweis/Budvar
Eine Brauanlage in Budweis: Hier wird seit 1895 Bier hergestellt. Foto: Adobe Stock, (c) Martin Kníže

Alkohol hat eine berauschende und euphorisierende Wirkung und gehört zu den ältesten Drogen der Menschheit. In nahezu allen Kulturkreisen trinken Menschen Alkohol in Verbindung mit gesellschaftlichen Bräuchen, Riten und Zeremonien. Dabei hat Ethanol – so die korrekte chemische Bezeichnung – aufgrund der neurotoxischen Wirkung eine gesundheitsschädliche Wirkung. Aus medizinischer Sicht ist Alkohol schlichtweg ein Zellgift.

Durch das Trinken von alkoholischen Getränken gelangt Alkohol über die Mundschleimhaut, den Magen und Darm in unser Blut und verteilt sich im Körper. Regelmäßiger Alkoholmissbrauch führt daher zu schweren Leberschäden (Leberzirrhose), Gehirnschäden oder Krebs.

Hier findest du PsychotherapeutInnen in deinem Bundesland:

HEROLD Blog Team

Herold Redaktion