Iontophorese: Wie die Therapie mit Strom hilft

Last Updated on: 20th Mai 2020, 09:34 am

Iontophorese
Iontophorese findet vielseitige therapeutische Anwendung vor allem in der Dermatologie. Foto: Adobe Stock, (c) Kzenon

Mit Strom Arzneien in den Körper schleusen – das schafft die Iontophorese. Wozu? Vor allem, um übermäßige Schweißbildung hintanzuhalten, aber auch, um Gelenkschmerzen zu lindern, Hautleiden oder Schönheitsmakel wie Cellulite zu bekämpfen und anderes mehr. Wie das vor sich geht und was Iontophorese alles kann, mehr dazu findest du hier.

Was ist Iontophorese?

Iontophorese ist ein Verfahren, bei dem mit Hilfe von Strom Ionen (elektrisch geladene Teilchen) durch die Haut in den Körper geleitet werden. Das Verfahren dient therapeutischen Zwecken. Auf die Art lassen sich beispielsweise Arzneien in menschliches Gewebe einbringen. Doch funktioniert die Methode auch mit normalem Leitungswasser, beispielsweise um übermäßiges Schwitzen zu bekämpfen. In diesem Fall spricht man von Leitungswasseriontophorese.

Was bewirkt Iontophorese?

Bei der Leitungswasseriontophorese wird mit Hilfe von Wasserbädern oder feuchten Elektroden kontinuierlicher oder hochfrequent gepulster schwacher Gleichstrom durch bestimmte Hautstellen geleitet. Und zwar üblicherweise an Handflächen, Fußsohlen, Achselhöhlen oder im Gesicht.

Standardmäßig findet die Iontophorese mit kontinuierlichem bzw. konstantem Gleichstrom statt, denn diese Stromform hat sich als hochwirksam bei ihrem Haupteinsatzgebiet erwiesen: bei verschiedenen Formen von übermäßigem Schwitzen (Hyperhidrosis). Doch kann es dabei zu leichten Stromschlägen sowie vorübergehenden Missempfindungen oder Hautirritationen kommen.

Das bleibt bei der Iontophorese mit gepulstem Gleichstrom (Pulsstrom-Iontophorese) eher aus, denn beim Impulsstrom wird der Gleichstrom in bestimmten Abständen unterbrochen. Daher wird Pulsstrom weniger stark wahrgenommen und lässt höhere Stromstärken tolerieren. Deshalb eignet sich diese Methode besonders für Patienten mit höherem Schmerzempfinden und für Kinder mit ihrem geringeren Hautwiderstand. Weniger jedoch zur Behandlung von extremen Formen von palmoplantarer Hyperhidrosis (Schwitzen an Händen und Füßen). Hier erweist sich der Gleichstrom als wirksamer und schneller zum Therapieerfolg führend.

 

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Wie funktioniert Iontophorese?

Die genaue Wirkweise der Leitungswasseriontophorese bei Hyperhidrosis ist noch nicht bekannt. Vermutlich beeinflusst die elektrische Ladung die Zellen der Schweißdrüsenausgänge, die daraufhin die Schweißbildung reduzieren.

Nutzt man hingegen eine Iontophorese, um Medikamente in die Haut bzw. ins darunter liegende Gewebe zu schleusen, hat sich gezeigt, dass eine Erweiterung der Gefäße stattfindet, die positive Effekte wie eine Schmerzlinderung, Muskelentspannung, vermehrte Durchblutung mit verbesserter Nährstoffversorgung und Beschleunigung von Heilungsprozessen bewirkt. Aufgeladen durch die Elektrodenspannung gelangen die Substanzen per Ionenwanderung in die Haut.

Stromstärke und Behandlungsdauer beeinflussen die Menge der aufgenommenen Wirkstoffe, die sich jedoch nicht genau bestimmen lässt. Doch ziehen die Arzneien besser in die Haut ein und zeigen mehr Wirkung als Schmerzmittel zur Bekämpfung postoperativer Schmerzen oder rheumatischer Erkrankungen. Ebenso ein bestimmtes Stoffwechselprodukt von Testosteron zur Therapie der Cellulite oder ein Vitamin-A-Abkömmling zur Behandlung atropher Hautnarben.

Iontophorese
Iontophorese erfreut sich besonderer Beliebtheit bei Schönheitskuren. Foto: Adobe Stock, (c) romsvetnik

Wie läuft eine Iontophorese ab?

Vor jeder Iontophorese sollten die entsprechenden Hautpartien möglichst fettfrei sein, d.h. mit Seife gewaschen werden, um eine ungestörte Stromleitung zu gewährleisten. Und man muss metallische Gegenstände (z. B. Armbänder, Ringe) an der zu behandelnden Haut entfernen, um Verbrennungen durch die stromleitenden Metalle zu verhindern. Sowie eventuelle Hautläsionen zum Schutz vor zu hohen Stromdichten mit Vaseline, Pflaster oder Folie abdecken.

Bei der Leitungswasser Iontophorese zur Bekämpfung der übermäßigen Schweißbildung an Handflächen oder Fußsohlen werden jeweils die beiden Hände bzw. Füße in je eine Wanne mit drei bis vier cm hohem Leitungswasser getaucht, sodass das Wasser die Handinnenflächen oder Fußsohlen und die Endglieder der Finger oder Zehen umspült. Dieses darf nicht mit Zusätzen wie etwa Cremes oder Ölen versetzt sein, weil sonst die Wirksamkeit des Verfahrens abnimmt und unerwünschte Effekte auftreten können. Es soll Handflächen bzw. Fußsohlen bedecken.

Über zwei in den Wannen platzierte Elektroden wird kontinuierlicher oder gepulster Gleichstrom in das Wasser geleitet, der die zu behandelnden Hautareale durchfließt. Und zwar durchschnittlich zehn bis 15 Minuten lang. Wobei die im Wasser und im Körper gelösten positiv geladenen Ionen zur Kathode (Minuspol-Elektrode) wandern, die negativ geladenen zur Anode (Pluspol-Elektrode).

Das Leitungswasser dient also als leitendes Medium zwischen den Elektroden und der Haut, sodass ein möglichst homogener Stromfluss durch die Haut erfolgt. Letzteren regelt ein mit den Elektroden verbundenes Steuergerät. Die Elektroden in den Wannen sollten mit einem Gitter, Vlies oder einer Schaumeinlage abgedeckt sein, damit die Haut keinen unmittelbaren Kontakt mit ihnen hat.

Für die Behandlung der Achselhöhlen kommen in die Achselhöhlen geklemmte, mit Wasser getränkte Schwammtaschen zum Einsatz, in denen jeweils eine kleine Elektrode steckt. Und für die Behandlung im Gesicht gibt es spezielle Gesichtsmasken.

Nach jeder Behandlung ist es notwendig, Wannen und Elektroden gründlich zu desinfizieren bzw. nach einer zur Aufnahme von Arzneien dienenden Iontophorese Salbenreste abzuspülen.

 

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Wie geschieht die Wirkstoffaufnahme?

Soll die Iontophorese medizinische Wirkstoffe in die Haut oder darunterliegende Gewebe schleusen, werden diese entweder in Form einer Salbe oder auf feuchtem Zellulosepapier auf die jeweilige Stelle aufgetragen. Oder man taucht die zu behandelnde Hautpartie in eine leitende Elektrolytlösung mit dem entsprechenden Wirkstoff. Wobei elektrisch positiv geladene Arzneistoffe (Kationen) unter die positive Elektrode und negativ geladene (Anionen) unter die negative Elektrode platziert werden.

Dabei gilt: Je länger der Strom einwirkt und je größer die Fläche ist, auf der er zusammen mit dem Medikament angewendet wird, umso mehr kann von dem Medikament in den Körper eindringen und seine Wirkung entfalten.

Wer bietet Iontophorese an?

Iontophorese kommt hauptsächlich in der Dermatologie zur Anwendung. Doch handelt es sich dabei um eine Methode der physikalischen Medizin, die daher auch in diesem Bereich – etwa zur Linderung von Beschwerden am Bewegungsapparat – Einsatz findet.

Wie lange ist eine Iontophorese notwendig?

Bis zum Erreichen des gewünschten Heilungserfolgs sollte die Behandlung bei Hyperhidrose mindestens dreimal pro Woche stattfinden. Dann genügt meist eine wöchentliche Sitzung, um das Ergebnis zu halten. Hierzu kann es sich lohnen, ein Heimgerät anzuschaffen oder zu mieten und nach einer kurzen Unterweisung in seiner Bedienung durch den Arzt die Therapie eigenständig daheim durchzuführen.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten fürs Heimgerät?

Das lässt sich nicht generell beantworten. Jedenfalls ist es sinnvoll, ein Attest vom behandelnden Arzt zu erbitten und dieses samt Ersuchen um Kostenübernahme an die Krankenkasse, bei der man versichert ist, zu schicken. Die Preise für ein solches Gerät betragen zwischen 300 und 800 Euro.

Wozu dient Iontophorese? Anwendungsgebiete

Das Verfahren findet vor allem bei leichtem bis mittelschwerem übermäßigem Schwitzen an Händen, Füßen und Achselhöhlen Anwendung. Doch auch bei

  • durch vermehrte Schweißbildung geförderten Mykosen (Pilzbefall)
  • therapieresistenten Verrucae vulgares (Warzen) an Händen oder Fußsohlen
  • wiederkehrenden dyshidrotischen Hand- oder Fußekzemen
  • Couperose (anlagebedingte Gefäßerweiterung im Bereich der Gesichtshaut), weil das gestaute Blut besser abfließt
  • einem Keratoma sulcatum (entzündlich-bakterielle Hauterkrankung, häufig bei Schweißfüßen)
  • einer Neigung zu Fußinfekten mit Gram-negativen Bakterien
  • einem Sudeck-Syndrom (chronisches lokales Schmerzsyndrom nach einer Weichteil- oder Nervenverletzung)
  • entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie z. B. Arthrosen der Hand-, Finger-, Knie- oder Hüftgelenke
  • Gelenk-, Muskel-, und Sehnenschmerzen, Überlastungsschäden an Gelenken und Sehnen (z. B. Karpaltunnelsyndrom)
  • Muskelhartspann oder Muskelschmerz
  • Nervenschmerzen (Neuralgien) wie z. B. Ischialgie
  • Sportverletzungen
  • Narben
  • Durchblutungsstörungen
  • Cellulite

Zudem dient die Iontophorese auch diagnostischen Zwecken. Insbesondere zur Aufdeckung des Erbleidens Mukoviszidose, denn dann weisen Körperflüssigkeiten wie Schweiß einen erhöhten Salzgehalt auf, der sich mit diesem Verfahren durch Einbringen von Pilocarpin unkompliziert nachweisen lässt.

Darüber hinaus nutzt Kosmetik die Iontophorese, um Salben und Cremes im Gesicht einzubringen. Dabei ähneln die Elektroden Pinzetten und die Stromleitung erfolgt über angefeuchtete Wattepads.

 

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Welche Erfolgschancen hat eine Iontophorese?

Vor allem bei übermäßigem Schwitzen spricht die Literatur von Erfolgsquoten von mindestens 80 Prozent. Doch kann sich in seltenen Fällen eine Gewöhnung an diese Therapie einstellen, sodass sie an ihrem gewünschten Effekt einbüßt.

Iontophorese: Ist die Stromanwendung gefährlich?

Zur Iontophorese verwendet man Strom mit geringer – also ungefährlicher – Stärke, d.h. zwischen 10 und 30 Milliampere. Wobei diese sich nach dem behandelten Areal richtet. So vertragen etwa Füße mit ihrer dickeren Haut höhere Werte als die dünnhäutigeren, empfindlichen Achselhöhlen. Jedenfalls wird der Strom zunächst sehr gering eingestellt und dann langsam und nur so weit verstärkt, dass es zu keinen Schmerzen, zu keinem Brennen oder starkem Kribbeln kommt. Auch wird nach Beenden der Behandlung der Strom wieder langsam auf null zurückgeführt.

Was aber vor allem bei unsachgemäßer Handhabung passieren kann, ist der sogenannte “Weidezauneffekt“. Das heißt, es können beim plötzlichen Eintauchen oder Herausnehmen der Hände bzw. Füße oder direkten Kontakt derselben mit den Elektroden schwache Stromschläge auftreten. Auch leicht stechende, brennende oder kribbelnde Missempfindungen an den behandelnden Hautarealen während der Behandlung kommen vor. Und danach gelegentlich Rötungen oder kleine flüchtige Bläschen.

Wer darf keine Iontophorese anwenden?

Im Allgemeinen ist die Iontophorese eine gut verträgliche Behandlungsmethode. Doch gibt es auch Gründe, sie nicht durchzuführen. Von ihrer Anwendung bleiben besser ausgeschlossen:

  • Träger implantierter elektronischer Geräte (z. B. Herzschrittmacher)
  • Schwangere, denn zur möglichen Schädlichkeit fürs Ungeborene fehlen aussagekräftige Studien
  • Frauen, die Metall-Spiralen als Verhütungsmittel nutzen, wenn die Behandlungszone sich in deren Nähe befindet
  • Extremitäten mit Metallimplantaten (z. B. Hüft-, Knieprothesen, nach Knochenbrüchen eingesetzte Schrauben, Nägel oder Platten)
  • Körperregionen mit größeren Hautdefekten, die nicht mit Vaseline, isolierenden Pflastern oder Folien abdeckbar sind
  • mit Aluminiumchlorid behandelte Hautpartien, denn dann büßt die Leitungswasser-Iontophorese an Wirksamkeit ein
  • Menschen mit Herzrhythmusstörungen, akuten Infekten, Fieber, sehr sensibler Haut oder gestörtem Schmerzempfinden

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