Angststörung überwinden: Ursachen, Symptome, Therapie
Last Updated on: 1st Februar 2021, 02:58 pm

Fight or flight! Wenn wir schwitzen, zittern und unser Herz rast, ist unser Körper im Überlebensmodus. Hätten wir keine Angst, wäre die Menschheit schon vor Jahrtausenden ausgestorben. Tritt die Angst aber auf, OHNE dass eine entsprechende Bedrohung vorliegt, sprechen wir von einer Angststörung. Wir haben recherchiert, welche Symptome auf eine Angststörung hindeuten, welche Ursachen sie haben und wie man sie behandeln und überwinden kann.
Angststörung – was ist das?
Angst ist grundsätzlich ein sehr nützliches Gefühl, da sie uns vor Gefahren warnt und sozusagen unseren Überlebensinstinkt triggert. Von einer Angst-Störung spricht man dann, wenn die Angst im Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung überdurchschnittlich groß ist oder der Betroffene eine ganz konkrete Angst (= Phobie) vor bestimmten Situationen oder Objekten empfindet. Die Angststörung ist, genau wie die Depression, eine psychische Erkrankung, die eine erhebliche Einschränkung im Alltag darstellen kann und oft mit körperlichen Begleiterscheinungen einhergeht. Wird die Angst so groß, dass sie zu einer Panikattacke führt, spricht man nicht mehr von einer Angst-, sondern von einer Panikstörung.
Habe ich eine Angststörung? Arten von Angst
Sind die feuchten Hände bei der Präsentation vor der Chefetage nicht ganz normal? Nicht unbedingt. Nervosität ist zwar nicht gleich Angststörung, aber es kommt immer darauf an, wie stark deine Angst dich im Alltag einschränkt. Kannst du schon einige Tage vor der Präsentation nicht mehr richtig schlafen und malst dir alle möglichen Horrorszenarien aus, die sich in dieser Situation ereignen könnten? Dann kann man durchaus von einer Angststörung sprechen. Die WHO unterscheidet in ihrer ICD-11 (International Classification of Diseases) zwischen drei verschiedenen Formen von Angstörungen.
- Unspezifische (ungerichtete) Ängste: Die Ängste treten spontan und unabhängig von einem konkreten Objekt oder einer konkreten Situation auf. Da es keinen spezifischen Auslöser gibt, spricht man hier auch von einer generalisierten Angststörung.
- Spezifische (gerichtete) Ängste: Die Ängste treten in Abhängigkeit von bestimmten Objekten, Situationen oder Räumen auf. Aufgrund des konkreten Auslösers spricht man auch von Phobien.
- Mischform: Angstgefühle, die sich mitDepressionen oder Zwängen mischen.
Spezifische Phobien
Von einer Phobie spricht man dann, wenn die Angst sich auf konkrete Objekte oder Situationen richtet (zum Beispiel Spinnen oder Höhen, beziehungsweise auch die Angst vor öffentlichem Sprechen oder Zahnarztangst). Für diese Form der Angst ist es typisch, dass Betroffene nahezu alles tun, um den jeweiligen Auslöser zu umgehen. Sie erfinden zum Beispiel Ausreden, sagen Termine ab oder gehen lieber die 300 Treppenstufen in den 10. Stock, als den Aufzug zu benutzen (zum Beispiel bei Klaustrophobie).

Soziophobie (soziale Angststörung)
Bei der Soziophobie richtet sich die Angst auf die Interaktion mit anderen Menschen. Die Angst tritt in allen Feldern der sozialen Interaktion auf und wird häufig durch ganz alltägliche Situationen getriggert (zum Beispiel im Smalltalk mit Kollegen, beim gemeinsamen Mittagessen oder sogar an der Supermarktkassa). Betroffene haben permanent Angst davor, bloßgestellt oder kritisiert zu werden beziehungsweise sich durch ihr eigenes Verhalten in irgendeiner Weise lächerlich zu machen. Aus diesem Grund vermeiden sie es normalerweise, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Agoraphobie oder Platzangst
Bei der Agoraphobie ist die Angst auf bestimmte Orte oder Räumlichkeiten gerichtet. Häufig handelt es sich bei diesen Orten um öffentliche, belebte Plätze oder um beengte Räumlichkeiten (zum Beispiel einen Fahrstuhl oder ein Büro), an denen ein plötzlicher Angstanfall peinlich auffallen könnte. In der konkreten Situation führt die Agoraphobie oft zu Panikattacken. Dies gilt insbesondere, wenn der oder die Betreffende sich der Situation alleine stellt. In Gesellschaft fällt die Angstreaktion oft weniger heftig aus.
Angststörung und Depression
Angststörung und Depression bestehen manchmal (scheinbar) nebeneinander, da sich aus einer Depression sehr leicht bestimmte Ängste entwickeln können (und umgekehrt). Für eine erfolgreiche Therapie ist es wichtig, dass die beiden psychischen Erkrankungen getrennt voneinander diagnostiziert werden. Nur so lässt sich sagen, ob der Betroffene tatsächlich eine Angststörung UND eine Depression hat, oder ob das eine lediglich Folge des anderen ist.
Die Generalisierte Angststörung
Bei der Generalisierten Angststörung gibt es keinen konkreten Auslöser, sondern die Angst ist quasi ein Dauerzustand, der mal mehr und mal weniger an die Oberfläche kommt. Betroffene können oft nicht benennen, wovor genau sie eigentlich Angst haben, und sie sind sozusagen in einem dauerhaften Zustand des Sich-Sorgens. Dabei arbeitet ihre Fantasie auf Hochtouren und entwirft ständig neue Horrorszenarien, die oft um die Gesundheit und Unversehrtheit von Angehörigen, die eigene Gesundheit und den möglichen Verlust von Arbeit und sozialer Stellung kreisen. Auch die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen der Angststörung selbst sind stetige Quelle neuer Ängste.
Generalisierte Angststörung – Symptome
Bei der Generalisierten Angststörung ist die Angst dein ständiger Begleiter und macht sich durch entsprechende Symptome bemerkbar. Diese Symptome können rein psychischer/seelischer Natur sein, aber manchmal kommen auch körperliche Symptome hinzu. Diese zeigen sich vor allem dann, wenn der Angstzustand so massiv ist, dass er in eine Panikattacke übergeht. Das genaue Krankheitsbild ist zwar von Fall zu Fall variabel, aber trotzdem gibt es ein paar Anzeichen, die als typisch gelten.
- Konzentrationsschwäche und Nervosität bis hin zu massiven Schlafstörungen
- Zustand der Dauerbesorgnis
- starke Unsicherheit und Beklemmungsgefühle
- innere Anspannung und Ruhelosigkeit
- massive Angst vor Kontrollverlust
- anhaltende Reizbarkeit (häufig ohne ersichtlichen Grund)
- Herzrasen, Zittern, Schweißausbrüche
- Schmerzen und Engegefühl im Brustbereich
- Übelkeit und Magenbeschwerden
- Kälteschauer und/oder Hitzewallungen
- Atem- und Schluckbeschwerden

Warum entstehen Angststörungen? Ursachen
Die Ursachen von Angststörungen sind vielfältig. Nach aktuellem wissenschaftlichen Stand geht man von einer Kombination aus neurobiologischen Faktoren, negativen Lebensereignissen (zum Beispiel seelische Traumata, eine schwere Erkrankung oder das Ende einer Beziehung), einer gewissen genetischen Vorbelastung und bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen aus. Ausgangsereignis ist häufig eine im Alltag erlebte erste Angstreaktion, die anschließend zu einem Vermeidungsverhalten führt: Du durchlebst einen Angstzustand und vermeidest anschließend, dich erneut in jene Situation oder an jenen Ort zu begeben, an dem du dieses Erlebnis hattest. Dieses Vermeidungsverhalten verfestigt sich und führt mit der Zeit zu einer dauerhaften Angststörung.
Was passiert im Gehirn? biologische Ursachen
Neurobiologisch betrachtet weist das vegetative Nervensystem von Angstpatienten oft eine erhöhte Empfindlichkeit auf. Es ist also besonders labil und daher anfälliger für Angsterkrankungen. Auch das limbische System arbeitet bei Menschen mit Angststörungen anders als bei gesunden Menschen. Experten sprechen hier von einer fehlerhaften Kommunikation zwischen den verschiedenen Gehirnregionen (Hypothalamus, Amygdala und Hippocampus), wodurch äußere Reize falsch verarbeitet werden und zum Beispiel eine unangemessen große Menge von Stresshormonen ausgeschüttet wird.

Wer bekommt Angststörungen? Gefährdungspotenzial
Angststörungen können in jeder Lebensphase und in jedem Alter auftreten. Interessanterweise lassen sich typische Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale, die die Entwicklung einer Angststörung begünstigen, häufig schon im Kindesalter beobachten. So geben Angstpatienten zum Beispiel oft an, dass sie sich schon immer viele Sorgen gemacht hätten, ohne dass es einen konkreten Anlass dafür gegeben habe. Bei Kindern mit GAD (Generalized Anxiety Disorder = Generalisierte Angststörung) drehen sich die Sorgen beispielsweise um die Schule oder das Wohlergehen der Eltern. Viele weisen außerdem folgende Verhaltensweisen auf:
- extreme Unsicherheit in Bezug auf sich selbst und das eigene Verhalten
- Überangepasstheit und übersteigertes Harmoniebedürfnis
- Perfektionismus und Ehrgeiz
- Angewiesenheit auf Bestätigung durch andere (wiederholte Absicherung durch Eltern, Lehrer, Freundeskreis etc.)
- Fragestellungen wie: “Ja, aber was wenn […]?”
Wer diagnostiziert Angststörungen?
Sämtliche Formen der Angststörung werden von einem Facharzt für Psychiatrie diagnostiziert. Mögliche Anlaufstellen sind demnach sämtliche niedergelassenen Fachärzte für Psychiatrie sowie die Kassen- oder Spitalsambulanz für Psychiatrie. Kinder und Jugendliche finden Hilfe in der Neuropsychiatrischen Ambulanz für Kinder und Jugendliche. Entsprechende Therapiemaßnahmen können außerdem durch Psychotherapeuten sowie Ärztinnen und Ärzte mit Weiterbildung in psychotherapeutischer Medizin durchgeführt werden. Wenn du nicht weißt, an wen du dich wenden sollst, ist deine erste Anlaufstelle dein Hausarzt. Er oder sie weiß ganz genau, wo du die Hilfe bekommst, die du brauchst.
Behandlung: Angststörung überwinden
Wer eine Angststörung hat, richtet sich sein Leben häufig so ein, dass Außenstehende die Erkrankung kaum bemerken können. Bestimmte Orte und/oder Situationen werden gemieden, der Betroffene sagt des Öfteren Verabredungen ab oder zieht sich sogar vollständig zurück. Entsprechend kann es manchmal Jahre dauern, bis Betroffene die Hilfe bekommen, die ihnen zusteht. Die Behandlung von Angststörungen gliedert sich in drei Bereiche: Psychotherapie, Medikamentengabe und die Einbeziehung der Angehörigen.
Angststörung überwinden mit Psychotherapie
Um Angststörungen zu überwinden gibt es kein Patentrezept. Vielmehr erarbeitet dein Psychotherapeut den genauen Therapieablauf mit dir gemeinsam. Hierbei orientiert er sich an der vorliegenden Form der Angst und dem Schweregrad der Symptome. Ziel der Therapie ist es, die Ursachen der Ängste zu erforschen. Da diese dem Betroffenen normalerweise selbst nicht bewusst sind, arbeitet der Profi tiefenpsychologisch, um unbewusste seelische Vorgänge, verdrängte Erinnerungen (zum Beispiel aus der Kindheit) oder ungelöste Konflikte an die Oberfläche zu bringen.
In der anschließenden Verhaltenstherapie lernen Betroffene, mit den konkreten Symptomen umzugehen, und gemeinsam mit dem Therapeuten automatisierte Vermeidungsstrategien zu korrigieren sowie verzerrte Bilder der Realität zu thematisieren. Hier gilt es, verselbstständigte Urteile über die Welt und automatisch gedachte Vorurteile gegen bestimmte Menschen, Orte oder Situationen objektiv zu betrachten und zu hinterfragen. Gleichzeitig werden neue Verhaltensweisen eingeübt und Ziele für den Alltag gesteckt.

Wie lange dauert die Therapie bei Angststörungen?
Viele Betroffene leben jahrelang mit Angststörungen und eignen sich im Laufe dieser Zeit viele Verhaltensweisen an, um die Symptome von ihrem sozialen Umfeld zu verheimlichen. Diese Verhaltensweisen müssen in der Psychotherapie offengelegt und nach und nach durch einen realistischeren und weniger belastenden Umgang mit den jeweiligen Ängsten ersetzt werden. Auch die Suche nach den Ursachen der Angstattacken kann sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Je tiefer diese Ursachen im Unterbewusstsein verwurzelt sind, desto länger dauert es, sie zu erforschen.
Dementsprechend kann die Therapie einer Angststörung mehrere Monate und manchmal sogar Jahre in Anspruch nehmen. Das heißt allerdings nicht, dass du während der gesamten Zeit wöchentliche Sitzungen mit deinem Psychotherapeuten hast. Ihr entscheidet gemeinsam, in welchen zeitlichen Abständen ihr miteinander arbeiten wollt, und wann es beispielsweise sinnvoll ist, eine Pause einzulegen (zum Beispiel, um neue Verhaltensstrategien im Alltag zu testen) oder die Behandlung zum Beispiel durch den Besuch einer Selbsthilfegruppe zu ergänzen.
Medikamente gegen Angststörungen
Medikamente sind deshalb Teil der Therapie, weil in den meisten Fällen (auch) biologische Ursachen für die Ängste vorliegen. Normalerweise wird hier mit Psychopharmaka gearbeitet, deren Inhaltsstoffe darauf abzielen, den Neurotransmitterhaushalt im Gehirn wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Oft werden die Medikamente auch eingesetzt, um die aktuellen Symptome und damit den Leidensdruck des Patienten zu lindern. Ob Medikamente verordnet werden und auf welche Dauer sie einzunehmen sind, ist jedoch von Fall zu Fall unterschiedlich.
Was können Angehörige tun?
Manchmal kann es hilfreich sein, nahe Angehörige in die Behandlung mit einzubeziehen. Hier ist es besonders wichtig, die Familie darüber aufzuklären, dass eine Angststörung eine psychische Erkrankung ist und es dem Betroffenen nicht etwa an Willenskraft mangelt. Um dem Betroffenen zu helfen, sollten Angehörige Verständnis aufbringen und den Patienten unterstützen (zum Beispiel, indem sie ein Auge auf die regelmäßige Einnahme der Medikamente haben).
Therapie gegen Angststörungen: Wer trägt die Kosten?
Die Kosten für die ärztliche Untersuchung sowie die klinisch-psychologische Diagnostik der Angststörung werden in Österreich vom jeweiligen Versicherungsträger übernommen. Die anschließende Psychotherapie wird allerdings nicht automatisch von der Krankenkassa bezahlt. Hier gibt es die Möglichkeit, bei deinem Versicherungsträger einen Antrag auf Kostenzuschuss zu stellen. Die Gebietskrankenkassen und die SVA gewähren einen Zuschuss von € 21,80 (€ 28,00 ab dem 01.09.2018) pro Therapieeinheit.
Wer behandelt Angststörungen?
Sämtliche Formen der Angststörungen können sowohl von Psychotherapeuten als auch von Ärztinnen und Ärzten mit Weiterbildung in psychotherapeutischer Medizin behandelt beziehungsweise therapiert werden. Auf Herold.at sind folgende Wiener Psychotherapeuten und Psychologen speziell für den Umgang mit Angstzuständen und/oder Panikattacken gelistet:
- Frau Dr. Katharina Weissenböck in 1120 Wien (Kassenärztin)
- Institut für Lebenskunst in 1230 Wien (Kassenärzte)
- Fachpsychologische-Fachpsychotherapeutische Praxis in 1130 Wien (Kassenärzte)
- Dr. Thomas Rothmund in 1190 Wien (Kassenarzt)
- Dr. MSc Regine Maimann, psychotherapeutische Praxis in 1010 Wien (Kassenärztin)
- Dr. Matthias Bösch in 1140 Wien (Wahlarzt)
- Neurologische Ordination Dr. Güler, Ärztezentrum MEDVIENNA, in 1090 Wien (Wahlarzt)
- Mag. Dr. Dietmar Mühlbachler in 1180 Wien (Wahlarzt)
- Mag. Alexander Rieder, systemischer Psychotherapeut in 1070 Wien (Wahlarzt)
- Dr. med. Kurt Schöck in 1210 Wien (Wahlarzt)
- Mag. Michaela Neufeldt-Schoeller in 1180 Wien (Wahlärztin)