Eisenspeicherkrankheit: Symptome, Ursachen und Therapie

Last Updated on: 14th April 2020, 03:08 pm

Eisenspeicherkrankheit
Die Eisenspeicherkrankheit spiegelt sich oft in Blutwerten wieder und kann zu Leber und Nervenzellenschäden führen. Foto: Adobe Stock; (c) francis-bonami

Graubraune Haut, Gelenkschmerzen, Haarausfall, Abgeschlagenheit und sexuelle Lustlosigkeit – dahinter kann eine Hämochromatose stecken. Ursache dieser sogenannten Eisenspeicherkrankheit ist eine Eisenüberladung des Organismus, die im Laufe der Zeit verschiedene Organe schädigt. Wie sie zustande kommt und was dagegen hilft? Nähere Informationen dazu gibt es hier.

Was ist eine Eisenspeicherkrankheit?

Normalerweise beträgt der Gesamteisengehalt des menschlichen Körpers etwa 1 bis 5 Gramm, wobei der Großteil in den roten Blutkörperchen, Immunzellen und in der Leber gespeichert wird. Steigt er auf das mindestens Doppelte, steckt dahinter sehr wahrscheinlich eine Hämochromatose, auch Eisenspeicherkrankheit genannt.

Die Eisenspeicherkrankheit führt zu einer vermehrten Ablagerung von Eisen bzw. eisenhaltigen Verbindungen im Organismus. Wie z. B. Hämosiderin, ein eisenhaltiger Eiweißkomplex, der sich vor allem in speziellen Immunzellen anhäuft. Solche Prozesse geschehen aufgrund einer erhöhten Eisenkonzentration im Blut. Das tut der Leber, der Bauchspeicheldrüse und noch anderen Organen gar nicht gut.

Eisenspeicherkrankheit – Symptome

Zu viel Eisen im Organismus führt oft bis ins Erwachsenenalter kaum zu nennenswerten Beschwerden. Und wenn, dann zunächst zu unspezifischen Beschwerden, die nicht immer gleich an eine Hämochromatose (= Eisenspeicherkrankheit) denken lassen. Das kann sich später ändern. Jedenfalls gelten ein Diabetes mellitus, Leberschäden und die typische Hautpigmentierung als die klassischen drei Eisenspeicherkrankheit-Symptome.

Folgen einer Hämochromatose

Unerkannt bzw. unbehandelt münden schwere Verlaufsformen der Hämochromatose in schwerwiegende Komplikationen wie z. B. eine Leberzirrhose und einen Leberzellkrebs und damit in einen vorzeitigen Tod. Bei früher Diagnose und Behandlung haben an der Eisenspeicherkrankheit Leidende jedoch eine normale Lebenserwartung. Die Prognose der Erkrankung hängt somit vom Grad des Eisenüberschusses und dem Zeitpunkt der Diagnosestellung sowie dem Beginn einer adäquaten Behandlung ab.

Erste Anzeichen der Krankheit

Zu den weniger charakteristischen Symptomen einer Eisenspeicherkrankheit zählen etwa:

  • Schmerzhaftigkeit, Schwellungen und Arthrosen von Gelenken, vor allem an den Händen, aber auch an den Hüft- und Kniegelenken (“Pseudogicht“)
  • starke Müdigkeit und Abgeschlagenheit
  • erhöhte Infektanfälligkeit
  • Verringerung der Libido und Erektionsstörungen
  • frühzeitige Ergrauung der Haare und ein Haarausfall
  • Schmerzhaftigkeit der Brust und Krämpfe im Oberbauch

Spätere Komplikationen

Eine Überladung der Organe mit Eisen hat mit der Zeit auch spezielle Folgen wie:

  • eine chronische Leberentzündung bis hin zur Leberzirrhose.
  • einen Diabetes mellitus durch Eiseneinlagerung in die Bauchspeicheldrüse
  • eine durch Einlagerung von Melanin und Hämosiderin in die Haut verursachte graubraune Verfärbung und später Bronzetönung der Körperhülle. Besonders in den Achselhöhlen, an den Brustwarzen, Handinnenflächen, Narben sowie an Stellen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Zudem rötliche Flecken.
  • hormonelle Dysbalancen durch Eiseneinlagerung in der Hirnanhangdrüse wie z.B. eine Schilddrüsen-, oder Geschlechtsdrüsenunterfunktion, bei Frauen Veränderungen der Monatsblutung hinsichtlich Dauer und Stärke bis hin zum Ausbleiben, bei Männern Potenz- und Fruchtbarkeitsstörungen.
  • Herzmuskelschäden, die zu Herzrhythmusstörungen (unregelmäßiger Herzschlag), später auch zu Einschränkungen/Störungen der Herzfunktion führen können.
  • eine Milzvergrößerung.
Eisenspeicherkrankheit
Symptome der Eisenspeicherkrankheit sind Gelenkschmerzen, Abgeschlagenheit und Haarausfall. Foto: Adobe Stock, (c) Evrymmnt

Wie entsteht die Eisenspeicherkrankheit? Ursachen

Im Normalfall reguliert der Organismus, wieviel Eisen er aufnimmt und wieviel er wieder abgibt. Doch kann es aufgrund bestimmter Erbkrankheiten, anderer Erkrankungen oder selten auch eine zu hohe Eisenzufuhr zu einer Eisenüberladung kommen.

Vererbt: primäre Hämochromatose

Die häufigere Art der Eisenspeicherkrankheit ist die primäre Hämachromatose. Diese ist eine vererbte Stoffwechselerkrankung, bei der aufgrund eines Gendefekts im oberen Dünndarm eine stark erhöhte (3 bis 4 mg pro Tag) Aufnahme von Eisen stattfindet. Daraus resultiert eine langsame Anhäufung von Eisen im Organismus, sodass sich erste Symptome oft erst zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr ausbilden. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen, weil letztere in ihrer fruchtbaren Zeit im Rahmen der Monatsblutung auf natürliche Weise Eisen verlieren bzw. während Schwangerschaften und Stillzeit einen höheren Eisenbedarf aufweisen. Die primäre Hämochromatose ist die häufigste genetisch bedingte Erkrankung in Nordeuropa, von der Männer viel häufiger betroffen sind als Frauen.

Doch gibt es auch Varianten der Erkrankung, die schon früher in Erscheinung treten. Wie etwa die neonatale Hämochromatose, bei der bereits vor der Geburt Leberschäden eintreten. Oder die juvenile Hämochromatose, die sich vor dem 30. Lebensjahr zeigt und vor allem durch eine Herzschwäche und Unterfunktion der Geschlechtsdrüsen auffällt. Beide beruhen auf anderen genetischen Mechanismen als die klassische Eisenspeicherkrankheit.

Erworben: sekundäre Hämochromatosen

Selten kann eine Eisenspeicherkrankheit auch erworben werden. Die sekundöre Hämachromatose ist meist das Ergebnis einer Fehlfunktion der Blutbildung mit Ausbildung einer Anämie (Blutarmut). Denn dann steigt die Eisenaufnahme über den Darm und bei entsprechend starker Ausprägung erfolgt die Verabreichung von Bluttransfusionen, was eine Eisenzufuhr bedeutet.

Diagnose: Wie wird die Eisenspeicherkrankheit festgestellt?

Besteht der Verdacht auf eine Eisenspeicherkrankheit, ist die erste medizinische Ansprechperson der Hausarzt. Dieser führt dann beim Patienten eine Blutuntersuchung durch. Folgende Werte werden dabei bestimmt:

  • das Serumeisen, das allein aber kaum Aussagekraft besitzt.
  • die Transferrinsättigung, d. h. wieviel Prozent des Transferrins mit Eisen beladen sind. Bei einer Transferrinsättigung von über 45 Prozent besteht der Verdacht auf eine Hämochromatose, bei mehr als 60 Prozent ein sehr starker Verdacht. Ist der Wert normal, liegt höchstwahrscheinlich keine Eisenspeicherkrankheit vor.
  • das Serumferritin, bei dem eine Konzentration über 300 ng/ml verdächtig ist.

Ergibt der Bluttest erhöhte Werte, findet ein Gentest, eine Hämochromatose-Mutationsanalyse statt, um zu überprüfen, ob eine Mutation am HFE Gen (High Iron Fe = Hereditäre-Hämochromatose-Protein) auf dem Chromosom 6 vorliegt. Dieses Gen sorgt normalerweise für die Bildung des HFE-Proteins im Körper, das die Eisenaufnahme im Darm hemmt, vermutlich weil es die Andockstellen blockiert, an die sich Transferrin bindet.

Ein negatives Ergebnis der Hämochromatose-Mutationsanalyse schließt aber die Existenz einer primären Hämochromatose nicht aus, denn es gibt noch weitere mit der Erkrankung in Zusammenhang stehende genetische Varianten auf bestimmten Bereichen anderer Chromosomen (1, 2, 7 oder 19; “non-HFE Hämochromatose“).

Jedenfalls sollten bei genetisch bedingten Formen der Hämochromatose auch Familienmitglieder auf die Erkrankung untersucht werden.

Ist kein krankhaft verändertes Gen nachweisbar, lässt sich mittels einer Biopsie (Entnahme einer Gewebeprobe) aus der Leber die Diagnose sichern. Ein histochemisches Verfahren zum Nachweis von Eisen in der Gewebeprobe, die Berliner-Blau-Reaktion, gibt Aufschluss über den Eisengehalt des Organs. Teilt man die Lebereisenkonzentration durch das Alter, erhält man den Lebereisenindex. Alternativ kann man den Eisengehalt der Leber auch per Magnetresonanztomographie abschätzen.

Eisenspeicherkrankheit
Bei Verdacht auf Eisenspeicherkrankheit wird eine umfangreiche Blutuntersuchung durchgeführt. Foto: Adobe Stock, (c) dreamsnavigator

Weitere Untersuchungen bei Hämachromatose

Ergänzend kann zur Feststellung einer Eisenüberladung ein Desferrioxamin-Test erfolgen. Dabei wird Desferrioxamin verabreicht, der Eisen aus dem Gewebe mobilisiert, sodass das Serumeisen ansteigt. Die Nieren scheiden den im Blut zirkulierenden Desferrioxamin-Metallkomplex aus. Somit lässt sich die über einen bestimmten Zeitraum dadurch eliminierte Eisenmenge im Harn messen.

Vor allem bei primärer Hämochromatose kann zur Feststellung des individuellen Grades der Eisenüberladung und damit Festlegung der Therapieintensität und -dauer sowie Einschätzung der Prognose eine Biomagnetometrie, d. h. Analyse der in der Leber oder auch Milz gespeicherten Eisenmenge mit einem speziellen Messgerät sinnvoll sein. Ebenso bei einer ergebnislosen Hämochromatose-Mutationsanalyse und gleichzeitigem Verdacht auf eine Eisenüberladung, d.h. unklar erhöhten Serumeisen- und Ferritinwerten. Das Verfahren dient zudem der Erfolgskontrolle nach einer Serie von Aderlässen.

Bei Verdacht auf das Vorliegen von durch eine Hämochromatose verursachten Organschäden finden entsprechende Untersuchungen statt. Etwa ein Herzultraschall und ein Elektrokardiogramm zur Überprüfung des Herzens oder bei Verdacht auf eine Unterfunktion der Geschlechtsdrüsen, der Schilddrüse oder Nebennierenrinde eine Messung der zugehörigen Hormonkonzentrationen im Blut.

Abgesehen davon finden bei festgestellter Eisenspeicherkrankheit in regelmäßigen Abständen die Bestimmung der Leberwerte und ein Ultraschall des Bauchraums zur Kontrolle der Leber statt. Oder auch eine Bestimmung des Tumormarkers AFP zur Früherkennung von Leberkrebs.

Hämochromatose Spezialisten in Wien

Für die Therapie von der Eisenspeicherkrankheit sind Fachärzte für Innere Medizin mit Spezialisierung Gastroenterologie und Hepatologie zuständig. Folgende Ärzte sind in Wien auf Hämachromatose spezialisiert:

Therapie der  Eisenspeicherkrankheit

Die Therapie einer Hämochromatose zielt darauf ab, die Eisendepots zu entleeren oder wenigstens zu reduzieren, um einen möglichst normalen Eisengehalt zu erreichen. Dafür gibt es mehrere Therapiemöglichkeiten.

Aderlasstherapie

Am wirksamsten sind regelmäßigen Aderlässen, bei denen jeweils 250 bis 500 ml Blut abgezapft werden. Die Häufigkeit dieser Behandlung richtet sich nach dem Ausmaß der Eisenüberladung sowie dem Zustand und Alter des Erkrankten. Die begleitende Verabreichung eines Protonenpumpenhemmers bremst die Eisenaufnahme im Darm und kann so die Frequenz der Aderlässe verringern.

Erythrozytapherese bei Eisenspeicherkrankheit

Als Alternative zum Aderlass bietet sich – unter anderem bei Patienten mit Blutarmut aufgrund von Defekten der roten Blutzellen – die Durchführung einer Erythrozytapherese an, bei der das entnommene Blut maschinell aufgetrennt, die roten Blutzellen entfernt und die restlichen Blutbestandteile dem Körper wieder zugeführt werden. Sie erfordert jedoch einen höheren apparativen Aufwand und ist daher teurer als der Aderlass.

Deferoxamin bei Eisenspeicherkrankheit

Auch die Gabe des Chelatbildners Deferoxamin, der die Ausscheidung von Eisen über Urin und Stuhl fördert, eliminiert überschüssiges Eisen, jedoch nicht so effektiv wie ein Aderlass. Hauptsächlich kommen diese Medikamente zur Anwendung, wenn eine Blutarmut vorliegt, weil dann Aderlässe nicht möglich sind. Oder wenn eine fortgeschrittene Herzmuskelschwäche besteht. Da Chelatoren im Verdacht stehen, bei Kindern das Wachstum zu bremsen und sie unangenehme Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Probleme, Hautausschläge, Innenohr- und Sehstörungen, Fieber, Kopfschmerzen und Gelenksbeschwerden sowie eine Erhöhung der Leberwerte haben können, sollten sie nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung Anwendung finden.

Ernährung bei Eisenspeicherkrankheit

Eine Kost mit weitgehendem Verzicht auf sehr eisenhaltige Nahrungsmittel wie Innereien, Fleisch und Rotwein und dem reichlichen Konsum von schwarzem Tee, der die Eisenaufnahme mindert, kann die Behandlung unterstützen. Zur Erfolgskontrolle der jeweiligen Therapie empfiehlt sich die Bestimmung von Ferritin, dessen Blutspiegel unter 50 µg/l liegen sollte. Abgesehen davon kommen symptomatische Maßnahmen zum Einsatz. Beispielsweise zur Bekämpfung von Gelenkbeschwerden Schmerzmittel.

Wozu brauchen wir Eisen im Blut?

Eisen ist lebensnotwendig. Das Spurenelement ist z. B. ein unabdingbarer Bestandteil des roten Blutfarbstoffs, der in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) den Sauerstoff von der Lunge zu den Organen transportiert. Es ist wichtig für das Überleben und Wachstum von Zellen und beeinflusst zudem die Signalübertragung zwischen den einzelnen Nervenzellen, ist also auch bedeutsam für die geistige Leistungsfähigkeit.

Für die Bildung der roten Blutzellen im Knochenmark benötigt man täglich ca. 25 mg Eisen, das vorwiegend aus abgebauten Erythrozyten stammt. Der Rest, also durchschnittlich 1–2 mg, wird über den Darm aus der Nahrung aufgenommen. Wobei das Ausmaß von der im Körper vorhandenen Eisenmenge abhängt und sich bei Gesunden ein Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Ausscheidung einstellt. Der Übergang des Eisens aus der Darmzelle in das Blut wird unter anderem durch das Eiweiß Hepcidin kontrolliert. Das Protein Transferrin bindet und transportiert somit das Eisen im Blut. Als Speicherstoff für das Eisen dient der Proteinkomplex Ferritin.

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