Tinnitus: Symptome, Ursachen & Behandlung

Last Updated on: 12th September 2019, 11:57 am

Tinnitus: Symbolbild.
Tinnitus: Erkrankungen der Ohren sind mit psychischer Belastung verbunden. Foto: Adobe Stock, (c) peterschreiber.media

Der Tinnitus kann für Betroffene mit hohem Leidensdruck verbunden sein. Denn es pfeift im Ohr und hört nicht auf. Wir haben für dich alle nützlichen Informationen rund um das Thema Tinnitus recherchiert: Hier erfährst du, wie er entsteht, wie man ihn erkennt und anschließend behandelt.

Tinnitus: Was tun?

Es rauscht, pfeift, zischt, klingelt oder klopft im Ohr – der Tinnitus (lat. tinnire = klingeln) ist ein Überbegriff für verschiedenste Formen von Ohrgeräuschen. Da es sich in den meisten Fällen nicht gleich um eine chronischen Erscheinung handelt, gilt es zunächst, Ruhe zu bewahren. Ein plötzlich auftretender Sinus-Ton nach einem Konzert kann genauso schnell wieder verschwinden, wie er gekommen ist. Spätestens jedoch nach 24 Stunden, so Experten, solltest du im Zweifelsfall einen HNO-Arzt aufsuchen.

Info: Ein kurzzeitiges Auftreten von Ohrensausen ist kein Grund zur Panik. Hält es jedoch länger als 24 Stunden an, sollten Betroffene einen HNO-Arzt aufsuchen.

Wie macht sich Tinnitus bemerkbar?

Intensität und Art des Geräusches können sehr unterschiedlich sein. Möglich sind beispielsweise Pfeifen, Rauschen, Sausen, Brummen, Klingeln, Klopfen, Knacken, Piepsen und Zischen. Die Ohrgeräusche können einseitig oder beidseitig auftreten. Außerdem können sie permanent da sein oder mit Unterbrechungen auftreten. Vier von zehn Betroffenen leiden unter einem Pfeifen. Jeder Vierte hört ein Rauschen und jeder Zehnte nimmt ein Summen wahr.

Eine junge Frau leidet unter Tinnitus.
Chronischer Tinnitus kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Foto: Adobe Stock, (c) Prostock studio

Tinnitus kann eine Reihe von Folgeerscheinungen (sekundäre Symptome) verursachen:

Wie Tinnitus feststellen?

Ein eingehendes Gespräch mit einem Facharzt (Anamnese) ist die Grundlage der Diagnose. Dabei werden Fragen zu Vorerkrankungen gestellt, Fragen zu den Ohrgeräuschen selbst, sowie zu möglichen Ursachen und Folgeerscheinungen. Der Arzt versucht im Gespräch die Schwere des Leidens zu eruieren. Denn eine einfache Erkältung oder Probleme mit dem Kiefergelenk können ebenfalls Ursachen für Ohrgeräusche darstellen. Kann dies jedoch ausgeschlossen werden, macht der Facharzt in der Regel einen Hörtest, eine Tinnitus-Messung oder eine Überprüfung der zentralen Hörbahn mittels Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT).

Die Untersuchung kann folgende Bereiche umfassen:

  • Untersuchung von Hals, Nase und Ohren
  • Subjektiver Hörtest
  • objektiver Hörtest (Hirnstammaudiometrie)
  • Analyse des Ohrgeräuschs (Tinnitusmessung)
  • Analyse der Geräuschabgabe des Innenohres (otoakustische Emissionen)
  • mögliche Gleichgewichtsstörung
  • MRT des Schädels
  • CT des Schädel
  • Blutuntersuchung
  • Untersuchung des Kiefers und der Halswirbel
Zeichnung eines Innenohrs.
Ohrensausen ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Hörsturz kann eine Ursache sein. Bild: Adobe Stock, (c) Henning Riedinger

Subjektiver oder objektiver Tinnitus?

Im Laufe der Untersuchung wird festgestellt, ob es sich um einen subjektiven oder objektiven Tinnitus handelt. In den allermeisten Fällen (>90%) liegt ein subjektiver Tinnitus vor. Dieser lässt sich auf bestimmte, nicht vorgesehene Aktivitäten der Gehirnzellen zurückführen. Vereinfacht gesagt: Obwohl keine Schallquelle vorhanden ist, sind die entsprechenden Nervenzellen aktiv. Ist hingegen eine physikalisch messbare Schallquelle tatsächlich vorhanden, spricht man von einem objektiven Tinnitus. Ein solches Ohrgeräusch kann bereits durch Strömungen in Blutgefäßen hervorgerufen werden.

Wie Tinnitus behandeln?

Nachdem Art und Schwere sowie sekundäre Symptome des Tinnitus durch einen Facharzt oder Hörakustiker aufgeklärt wurden, stehen dem Patienten viele Therapieansätze zur Auswahl. Die Behandlungsstrategien lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Einerseits kommen Strategien zum Einsatz, die den Tinnitus heilen oder zumindest die Lautstärke reduzieren sollen. Zum anderen wird beispielsweise mittels Verhaltenstherapie versucht, auf die Wahrnehmung des Patienten in Bezug auf das Ohrgeräusch einzuwirken.

Für die Ausrichtung der Therapie ist zunächst entscheidend, ob ein akuter oder chronischer Tinnitus vorliegt. Bei einem akuten Tinnitus ist eine umgehende Behandlung erfolgversprechend. Bei einem chronischen Tinnitus ist die medikamentöse Behandlung nicht mehr möglich, da das Ohrensausen im Gehirn als „Information“ abgespeichert ist. Hier sind Therapieansätze angebracht, die einen Umlernprozess („Retraining“) im Gehirn in Gang setzten sollen.

Akuter oder chronischer Tinnitus?

In Hinblick auf die zahlreichen unterschiedlichen Therapie-Methoden muss zunächst zwischen zwei Arten des Tinnitus unterscheiden werden. Verschwindet das Ohrgeräusch innerhalb von drei Monaten, handelt es sich um einen akuten Tinnitus. Dieser kann auch nach wenigen Minuten wieder abheilen. Hier empfiehlt sich bei länger anhaltenden Beschwerden eine medikamentöse Behandlung. Dauert das Ohrgeräusch länger als drei Monate an, spricht man von einem chronischen Tinnitus. In diesem Fall kommen verschiedene Therapiemöglichkeiten zum Zug.

Behandlung bei akutem Tinnitus:

  • Medikamente: Bei einem akuten Tinnitus erfolgt oftmals eine Therapie mit Kortison und durchblutungsfördernden Medikamenten.
  • Sauerstofftherapie: In einer Druckkammer atmen Patienten über eine Maske reinen Sauerstoff ein. Diese Therapieform ist jedoch mit längeren Wartezeiten verbunden.
  • Tinnitus-Counseling: Hier handelt es sich um Aufklärung und Beratung durch einen HNO-Arzt. Der Patient wird umfassend über Entstehung und mögliche Bewältigungsstrategien informiert. Diese Form von Aufklärung kann für den Patienten bereits im akuten Stadium von großem Nutzen sein, sie wird jedoch in der Regel erst im chronischen Stadium angewandt.

Behandlung bei chronischem Tinnitus:

  • Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT): Die erfolgreichste und am häufigsten praktizierte Methode ist die Tinnitus-Retraining-Therapie. Es handelt sich hierbei um eine Desensibilisierung der störenden Hörerfahrung. Der Patient lernt schrittweise seinen Tinnitus so gut kennen, dass es ihm gelingt, ihn aus seiner Wahrnehmung zu filtern bzw. weniger dominant wahrzunehmen.
  • kognitive Verhaltenstherapie
  • Tinnitus-Counseling
  • Hörgeräte
  • Noiser: Im Vorfeld wird zunächst ein Geräusch erzeugt und so lange manipuliert, bis es die Frequenz und Lautstärke des Ohrgeräusches überdeckt. Der Noiser reproduziert dieses leise Rauschen, bis das Gehirn das Ohrgeräusch als unwichtig einstuft und wegfiltert.
  • Gesprächstherapie und Entspannungsübungen
  • Kombinierte Therapieverfahren als Schlüsselstrategie
Eine Illustration der menschlichen Ohren.
Ohrgeräusche hören ist noch kein Grund zur Panik. Bild: Adobe Stock, (c) Henning Riediger

HNO-Ärzte in Wien (nach Bezirk geordnet)

Wie entsteht Tinnitus?

Die Empfindung „Stille“ ist eine Interpretation gesunder Ohren. In Wahrheit werden im Innenohr (auch Schnecke oder Cochlea) fortwährend Geräusche produziert. Das Ohr lässt sich mit einem Mikrofon vergleichen, das Schallwellen in Strom übersetzt. Die zuständigen Nervennetzwerke entschlüsseln die unterschiedlichen Höreindrücke. Hierbei werden überflüssige Geräusche normalerweise ausgefiltert. Störungen im Hörsystem (z. B. defekte Haarzellen) können die Informationsverarbeitung durcheinander bringen. Unabhängig von äußeren Reizen setzen sich dann fehlerhafte Informationen als Geräusch im Gehirn fest.

Es ist aber auch möglich, dass Sinnes- und Nervenzellen spontan aktiv werden und fehlerhafte Geräuschinformationen versenden. Wie wir Geräusche und Töne wahrnehmen, hängt auch von unserer momentanen Stimmung ab. Deshalb kann auch die Psyche die Verarbeitung von auditiven Eindrücken stark beeinflussen. Die möglichen Ursachen für Tinnitus können letztlich organischer und/oder psychischer Natur sein.

Mögliche Ursachen für Ohrensausen sind unter anderen: 

Eine Frau mit Tinnitus beim Facharzt.
Ein HNO-Facharzt findet für Sie die entsprechende Tinnitus-Therapie. Foto: Adobe Stock, (c) BOISSONNET

Die 4 Schweregrade des Tinnitus

Abhängig von der psychischen Belastung werden vier Schweregrade des Tinnitus unterschieden. Der Schweregrad wird mithilfe eines strukturierten Interviews diagnostiziert. Die ersten beiden Schweregrade (Schweregrad I und II) werden als kompensierter Tinnitus bezeichnet, weil die Betroffenen im alltäglichen Leben gut damit umgehen können. Nur in seltenen Situationen fühlen sie sich tatsächlich beeinträchtigt. Ein dekompensierter Tinnitus (Schweregrad III und IV) verursacht psychische und körperliche Folgeerscheinungen und wirkt sich auf viele Lebensbereiche aus.

Grad I (leichtgradig): 52 % Die Betroffenen empfinden trotz Ohrgeräusche keinen Leidensdruck.

Grad II (mittelgradig): 22 %  Die Betroffenen kommen ohne psychische Belastung mit dem Alltag zurecht. In bestimmten Situationen wird der Tinnitus jedoch als belastend empfunden.

Grad III (schwergradig): 14 % Das Ohrgeräusch verursacht eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. Im emotionalen, körperlichen sowie kognitiven Bereich kämpfen Betroffene mit Schwierigkeiten.

Grad IV (sehr schwergradig): 12 % Das Ohrgeräusch verursacht schweres Leiden im privaten Bereich und führt meist zu Arbeitsunfähigkeit.

Wie häufig kommt Tinnitus vor?

In Österreich liegen die Schätzungen bei derzeit 800.000 bis 1.000.000 Menschen mit Tinnitus. Dieser bewirkt bei mindestens 50.000 Österreichern eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität. Er entwickelt sich in diesen Fällen zu einer eigenständigen Krankheit. Weltweit betroffen sind etwa 12% der Bevölkerung.

Etwa 40 % der Erwachsenen erleiden mindestens einmal im Leben einen Tinnitus von beliebiger Dauer. Die Zahlen gehen auf Schätzungen zurück, da hier keine repräsentativen Studien vorliegen. Man ist sich jedoch einig, dass es sich um ein weit verbreitetes Phänomen handelt und auch Jugendliche zunehmend davon betroffen sind und Ohrgeräusche hören. Mehrheitlich sind es jedoch nach wie vor ältere Menschen ab 50 Jahren und Frauen öfters als Männer. Die österreichische Tinnitus-Liga organisiert Selbsthilfegruppen und ist ein Ansprechpartner für Betroffene: www.oetl.at

Wie kann man Tinnitus ausblenden?

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